Samstag, 17. März 2012

[Essay] Von Kindheitserinnerungen, alten Freunden und verpassten Gelegenheiten

Ich hatte als Kind eine goldfarbene Kette mit einem Herzanhänger. Ich habe keine Ahnung, ob es sich dabei um echtes Gold und Edelsteine handelte, jedenfalls war sie sehr schön und ich schmiss sie in einem Anfall kindlicher Aufräumwut weg. Heute wünschte ich mir manchmal, ich hätte es nicht getan.
Nicht, dass ich heute denke, sie wäre wertvoll gewesen, nein sie würde mir heute sehr gefallen und entspräche meinem Stil. Und die Gedanken daran lassen mich auf seltsame Art und Weise sentimental werden. Mich an Begebenheiten erinnern, mein Leben reflektieren.
Ich trauere dieser Kette und einigen anderen Gegenständen, die weg sind, hinterher, ich konnte wohl ihre Bedeutung damals nicht einschätzen, damals waren sie mir vielleicht nicht wichtig genug und heute werde ich mir ihrer mangelnden Anwesenheit bewusst.
Doch was erachten wir denn als wichtig oder unwichtig? Welche Dinge heben wir auf und hüten wir wie einen Schatz? Von welchen Gegenständen können wir uns beim besten Willen nicht trennen? Meist sind nicht die teuren die wertvollen Gegenstände, sonden die mit denen wir Ereignisse, unser Leben oder bestimmte Lebensabschnitte verbinden. Dinge, an die wir uns zurück erinnern, in unserer Kindheit, in der alles so einfach schien, keine Verantwortung und keine Verpflichtungen, nichts war kompliziert, wir waren Kinder spielten mit unseren Freunden und unserem Spielzeug und irgendwann schmeißt man die Sachen meistens weg und die Gegenstände, die wir behalten, lassen uns erkennen, dass wir auf einmal erwachsen geworden sind und das Leben nicht so einfach funktionniert, wie in der rosaroten Barbiewelt oder dem Playmobil-Stadthaus.
Immer, wenn ich den Dachboden im Haus meiner Oma betrete, wie zum Beispiel gestern, und meine alten Kinderbücher und Barbiesachen sehe, überkommt mich die Wermut, nicht dass ich je wieder mit diesen Sachen spielen werde, aber Erinnerungen hängen daran und ich werde sie wohl nie wegwerfen können, da sie ein Teil von mir und meiner Lebensgeschichte sind.
Ich bin wohl in solchen Fällen ziemlich nostalgisch und sentimental veranlagt, weswegen ich mich vor allem nicht von meinen Teddys trennen kann. Als ich etwa 5 Jahre alt war, bekam ich von meinen Großeltern einen Teddy, um genau zu sein, es war und ist ein Waschbär, und er darf heute noch immer in meinem Bett übernachten, besser gesagt, ich kann mich nicht von ihm trennen, nicht einmal für eine Nacht, ich weiß nicht, was sich meine jüngeren Cousinen dabei denken, wenn ich bei ihnen schon übernachtet habe und meinen Teddy mit im Schlepptau hattem aber er ist heutzutage vielmehr ein Kissenersatz, auf dem ich meinen Kopf bette, weswegen er auch schon sehr plattgedrückt zu sein scheint.
Dieser Teddy ist für mich vielmehr als ein Teddy, er ist ein Erinnerungsstück, er erinnert mich an die Urlaube, die ich in Italien am Meer und am Gardasee mit meinen Großerltern, meinem Bruder, meinen Eltern, meinen Cousinen und meiner Tante verbracht habe, und erinnert mich dabei immer an meinen Opa, der viel zu früh verstorben ist und daran, dass ich eine wunderbare Kindheit hatte.

Wenn ich aber nun von Gegenständen aus meiner Kindheit und Jugend und ihrer Bedeutung philosopiert habe, trifft das im übertragenen Sinne auch auf menschliche Beziehungen zu, die wir hatten? Wir gehen in den Kindergarten, haben Freunde und Bekannte in der selben Straße, gehen zur Schule, in die Uni und irgendwann verliert man die ehemals besten und engsten Freunde aus den Augen, geht anderen Interessen nach, zieht in eine andere Stadt, Region, in ein anderes Land und es fällt schwer, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Vielleicht fällt einem so etwas einfach nicht sofort auf, aber irgendwann nehmen wir vielleicht die alte Abizeitung zur Hand oder es fallen einem alte Fotos in die Hände und wir werden daran zurück denken, wie das war, wie es dazu kommen konnte und uns fragen, ob wir uns nicht hätten mehr bemühen sollen oder können? Aber vielleicht sind wir manchmal zu träge, den Kontakt zu halten, oder vielleicht ist es der Lauf, der Dinge, dass wir uns von alten Gegenständen und Freunden trennen (müssen) um etwas/jemanden Neues/Neuen kennen zu lernen.
Und wie ist es mit bestimmten Begebenheiten und Gelegenheiten? Vielleicht handeln wir in Situationen nicht überlegt, nicht nachdenkend. Vielleicht wird uns erst später klar, was unsere Entscheidung ausgelöst hat oder dass wir hätten anders handeln sollen oder können. Vielleicht fragen wir uns, ob bestimmte Handlungen unser komplettes Leben verändert haben und unser Leben, mit anderen Entscheidungen anders verlaufen wäre. Bereuten wir unsere Entscheidungen und Handlungen dann? Doch was wäre gewesen, wenn ich so und nicht anders gehandelt hätte, wenn ich dies und nicht das sagte? Darauf gibt es keine Antwort, wir wissen nicht, was dann geschehen wäre, wir wissen nur, wie unser Leben jetzt verläuft, und dass wir jetzt was ändern können, aber nicht mehr in der Vergangenheit.
Wieso fällt es uns Menschen so schwer unsere eigenen getroffenen Entscheidungen zu akzeptieren?

Wir können nicht in die Zukunft sehen, wir wissen nicht, ob unsere Handlungen und Entscheidungen richtig sind, wir müssen uns für rechts oder links entscheiden, unsere alten Schulfreunde anrufen oder neue Kontakte schließen, akzeptieren, dass wir erwachsen geworden sind und uns dennoch gerne and die Kindheit erinnern, mit Kuscheltieren und Spielzeug, das uns hin und wieder sentimental werden lässt.

Und hier noch mein Teddy :-)

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